So ist es

So ist es

Mountenbiken in den Karpaten

Bran- was wollen wir eigentlich hier? Der Mensch braucht Ziele, so auch wir. Hier gibt es ein vermarktbares Objekt, eine Burg, die zur Dracula- Burg erklaert wurde.
Man faehrt vorbei an Hotels, Restaurants, Imbissbuden und dort, wo der Trubel am groessten ist, wo man im Menschenauflauf stecken bleibt, dort ist der Eingang. Wir schauen uns die anstehenden Schulklassen an, hoeren das aufgeregte Plappern, sehen das Teenagergerangel…und drehen ab. Wir schlagen einen Bogen um den Vordereingang. Ein Wanderweg fuehrt auf den rueckseitig gelegenen Berg. Wir erklimmen diesen und haben einen wunderbaren Ausblick auf das gepriesene Objekt, das in malerischer Almkulisse prangt.
Wir wollen mehr von dieser Landschaft. In den folgenden beiden Tagen lassen wir das Gepaeck auf dem Campingplatz zurueck und erkunden die nahen Waelder und Canyons auf den abgespeckten Fahrraedern. Es stoert wenig, dass die geliehene Landkarte markante Wegpunkte nicht mehr zeigen kann, weil sie so abgegriffen ist. Entlang eines Baches kann man sich nicht verirren. Die eine Richtung geht bergan, die andere, die zum Zelt, fuehrt bergab.
Am Abend treffen wir auf dem Campingplatz einen jungen Portugiesen. Wir erzaehlen vom Canyon. Am Folgetag ist er frueh auf… und macht sich zu Fuss auf den Weg. Unsere Empfehlung , die 15 km mit dem Bus oder Taxi bis zum Felsentor zu ueberbruecken, schlaegt er aus. Erst spaet in der Nacht ist er wieder zurueck im Lager. Wie er erzaehlt, hat er sich bereits auf dem Hinweg verirrt. Aber mit seiner bewundernswerten Einstellung, die da lautet:“ Denke nicht negativ und es wird nichts Negatives passieren.“ Findet er immer den rechten Weg.

Eine weitere Tour mit dem Mountenbike beginnt auf der asphaltierten Dorfstrasse, geht in eine Schotterpiste ueber, wird Forstweg und schliesslich Fusspfad. Bei einer kleinen Lichtung, an einem Bach gelegen, die wie gemacht ist zum biwakieren, entdecken wir eine, wenige Tage alte Feuerstelle. Das sieht aus, wie der letzte Uebernachtungsplatz vor der Gipfelbesteigung. Schade, denken wir, fuer uns muessen der Blick zur kalkweissen Pyramide und die anschliessende Schussfahrt ins Tal genug sein.

Ein langer Tag

Es ist unglaublich, wie weit sich ein Dorf entlang einer Strasse ausdehnen kann. Schon 60km stehen auf dem Tacho und die Haeuserreihen scheinen unendlich. Natuerlich ist das nicht nur e i n Dorf., aber der Anfang und das Ende der verschiedenen Ortschaften, die normalerweise durch Schilder kenntlich gemacht sind, nehmen wir nicht mehr wahr.
Dunkle Wolken ziehen auf. In zwei Stunden setzt die Daemmerung ein. Es wird Zeit, ein Platz zum Uebernachten zu finden. Wir treffen auf einen Menschenpulk, der versucht uns anzuhalten. Sie moechten Zigaretten und Kaugummis. Es sind Zigeuner! Ich moechte dieses Wort nicht als Schimpfwort gebrauchen,aber man hat viele Namen fuer diese Menschen und mir ist dieser der gelaeufigste.
Unser Verhaeltnis zu ihnen ist etwas angespannt. Erklaerend hierzu moechte ich erwaehnen, ihre Lebensweise, sei sie fuer uns noch so befremdend, sie scheint meist in Chaos, Vermuellung und Mangel zu liegen, ist ihre persoenliche Angelegenheit. Die Ursachenforschung fuer diesen Zustand ist sicherlich ein anderes sehr umfangreiches Thema.
Treten sie , wie in diesem Fall, in maennlichen Horden auf, wirken sie auf uns sehr selbstbewusst, sehr fordernd und irgendwie bedrohlich.
Die taeglichen Begegnungen mit den Familien auf ihren Pferdewagen, die Holz, Schrott oder Grass sammeln, sind andere. Diese sind friedlicher Natur.
Endlich haben wir den letzten Hof passiert. Felder und Wiesen lassen uns hoffen. Laut Landkarte muss noch ein Waldstueck am Wegesrand kommen. Doch was ist das dort? In langsamer Geschwindigkeit zockeln fuenf Zigeunerplanwagen dahin. Es gibt sie wirklich. Das ist kein Film. Das ist keine romantisch, verklaerte Szene. Das ist real. Etwas weniger bunt, weniger musikalisch, eher trostlos und armselig. Dennoch, in unmittelbarer Nachbarschaft wollen wir nicht schlafen. Gerade davon hat man uns vor wenigen Tagen abgeraten.
Das naechste Dorf rueckt naeher, der Tross macht halt und schlaegt das Lager auf einer Wiese auf. Wir fahren weiter. Blitze zucken am Himmel. Donner grollt. Die ersten Regentropfen lassen uns schnell in die wasserdichten Jacken schluepfen. Ein Schlafplatz ist noch nicht gefunden. Wir fragen die Leute nach einer Moeglichkeit. Der erste ist nicht der Besitzer des Grundstuecks und traut sich deshalb nicht eine Entscheidung zu unseren Gunsten zu faellen. Die zweite zuckt bloss mit den Schultern. Eine dritte Person schuettelt den Kopf. Wir sind zu fremdartig. Es scheint ihnen sicherer zu sein, das Fremde auszugrenzen. Falscher Ort, falsche Zeit. Es kann nur besser werden.

Nach wenigen Kilometern erscheint der rettende Wald am Horizont. Wir koennen abtauchen in das schuetzende Dickicht. Die Dunkelheit der Nacht huellt uns ein. Wir bauen das Zelt auf, schluepfen hinein und machen uns zufrieden ueber das letzte Brot, die Gemuesepastete und Kekse her. Erstaunlich, was man alles durcheinander essen kann.

Willkommen in Bulgarien

Wir sind ganz nah an der Donau.Sie ist dennoch nicht zu sehen. Die Ausschilderung zum Grenzuebergang ist nicht konkret vorhanden. Wir fahren nach Gefuehl. Die gesammte Situation, der Verkehr, der von allen Seiten ungeregelt vorbeistroemt, erinnert sehr an unsere Zeit in Lateinamerika. Da kommt gleich ein vertrautes Lebensgefuehl auf. Wir mischen eifrig mit. Ploetzlich schreit ein in tarnfarben Uniformierter:“ Stop!“ Wir halten an. Vielleicht kennt er ja den rechten Weg. Wir geraten ins plaudern. Er zeigt uns den Weg und… unglaublich… beim Verabschieden verlangt er 20 Euro.
Mewes:“Warum?“
Er:“ Das ist mein Charakter!“
Mewes:“Nein!“
Er:“Okey,10Euro!“
Mewes:“ Ich habe nicht mal Geld fuer Benzin. Schau auf mein Bike!“
Er schaut auf das Bike- und sein Blick wird mitleidig. Dann lacht er wieder, reicht uns die Hand und sagt zum Abschied:“ Huetet euch vor falschen Polizisten in Bulgarien!“
Das war dann wohl einer aus Rumaenien.

Wir haben sie doch noch gefunden , die Pforte nach Bulgarien. Der erste Eindruck von diesem Land: Wir stehen hinter einem ungarischen Transporter und beobachten folgende Szene.
Die Zollbeamten sind beschaeftigt. Die Stimmung ist heiter. Die Freude der Beamten steigt. Einer traegt gerade mit breitem Grinsen drei Schachteln Lindt- Schokolade davon. Wir schauen uns an.
Und ebenso grinsend stelle ich fest:“Aha, so geht das.“
Uns hat man dann schnell durchgewunken.

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