Hoch – Tief – Hoch

Hoch – Tief – Hoch

So wie Argentinien undenkbar ohne Wind ist, ist Peru undenkbar ohne Cordillera Blanca oder Canion del Pato. Die Eigenheiten eines Landes, egal ob sie in traumhaft schöner oder quallvoller Erinnerung bleiben, sie machen eine Radrreise unvergesslich.

Im Nationalpark Huascaran findet man die höchsten Gipfel der Anden und einen, vielleicht auch mehr, mit dem Fahrrad befahrbaren Bergpass. Mir geht es nicht um das ehrgeizige Höher, Weiter, Schneller. Inmitten der weißen Berge finde ich soviel mehr: ein Abendlicht, das trotz der Minusgrade unglaubliche Wärme auszustrahlen vermag. Es kleidet alles in ein goldenes Gewand, das einzige Gold das mich glücklich, friedvoll und reich fühlen lässt. Bis auf die Erdstraße erinnert hier oben nichts an Menschenwerk. Keine Bauernhöfe, keine Tierherden, keine Maschinen – das große Schweigen umschmeichelt mich. Nicht einmal der Wind mag heute flüstern.

Recht schnell wechselt das Himmelszelt seine Kleider, tauscht das goldene mit dem kleinen samtschwarzen. Ein Glitzern, Glimmen und Funkeln ausgestrahlt von unzähligen Diamanten des Universums umarmt mich, lässt mein Herz tanzen und schenkt mir eine traumreiche Nacht.

Der Canion del Pato mit seinen zahlreichen Tunneln ist immer noch spektakulär. Steil ragen die Wände empor. Ein vielfaches Echo des tosenden Flusses bricht sich in ihnen. Der Lärm ist Ohren betäubend. Die Durchfahrt mit dem Rad hat seinen abenteuerlichen Charakter jedoch etwas verloren. Ich bedaure nicht, dass heute anstelle der steinigen, staubigen Piste glatter Asphalt liegt. Im Jahr 2006 entwichen mir noch zwischen erfreuten Ahhhs und Ohhhhs schmutzige Flüche, wenn mich rollende Steine unsanft absteigen ließen und reichlich Staub an meinem verschwitzten Körper kleben blieb. In den steilsten Passagen ging es oft nur noch das Rad schiebend voran.
Heute entlockt mir der Canion nur noch Ahhhs und Ohhhhs.
Zum übernachten finde ich einen romantischen Platz am Fluss. Er liegt gut geschützt etwas unterhalb der Straße. Seit langem mal wieder ist es mir möglich in kurzen Hosen und T- Shirt, die Wärme eines Sommerabends genießend, ohne Hasst meine Spagetti zu schlemmen. Es liegen gut 2000 m Höhenunterschied und gefühlte 20 Grad Celsius zwischen hier und Huaraz. Ein kleiner Sprung vom ,,Winter“ in den ,,Sommer“.

Das soll nicht lange so bleiben, denn sobald der Canion del Pato zu Ende ist, überquert die Ruta PE 3N den parallel verlaufenden Fluss um sich wieder nach oben ins 3000 m hoch gelegene Taupa und Cabãna zu schlängeln. Schon etwas müde geworden vom Sammeln zahlreicher Bergpässe, ist unser Elan an einem Tiefpunkt und so stoppen wir den ersten Pickup….wir steigen nicht auf – kein Platz für die Bikes und die Insassen scheinen schon angetrunken und in Feierlaune. Der zweite Pickup ist von der Polizei, der Polizist hinterm Lenkrad wirkt vertraulich. Schnell ist alles auf der Ladefläche verstaut – und der Fahrer gibt Gas…ich kann mich nicht entscheiden, soll ich mir die Augen zu halten, anfangen zu beten oder doch besser abspringen? Es ist eine Höllenfahrt mit einem höllischen Tempo und ich hoffe mein junger Fahrer beherrscht sein Handwerk teuflisch gut… ich ergebe mich ausnahmsweise und versuche nicht zu denken: was wäre wenn? Letztendlich ist es doch so: die Landschaft die an mir vorbeifliegt ist atemberaubend schön, die Geschwindigkeit ist geil, die Leichtigkeit des Höhengewinns und somit das Erreichen meines Ziels grandios. Alles ist gut… wer wird von der Polizei getötet? Nur die Bösen!😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert