Die Wildnis des Stewart Cassiar Highway

Die Wildnis des Stewart Cassiar Highway

Mittlerweile haben wir 2280 Kilometer zurückgelegt, die letzten 724 auf dem Highway 37, dem Stewart Cassiar Highway, der von Kitwanga nach Iskut führt.
Wir haben den Eindruck, uns in absoluter Wildnis zu bewegen. Die Piste ist zum Teil geschottert und lässt sich mal mehr, mal weniger gut befahren. Soweit die Augen die Landschaft überblicken können, nehmen sie Wald, Berge, Flüsse, Sümpfe und Seen wahr. Das einzigste Zeichen der Zivilisation, die Straße, dient uns als Leitfaden. Kleine Orte, meist nur Tankstellen, befinden sich im Abstand von 150 Kilometern zueinander, die wir zur Eigenversorgung immer wieder ansteuern.
Unsere stetigen Begleiter sind: Moskitos….Nager…Moskitos…Adler…Moskitos…Bären…Moskitos…Elche, die plagen, erschrecken oder erstaunen können.

Beim Aufsuchen eines Schlafplatzes, der im Wald an einem See liegt, tritt ein Schwarzbär aus dem Dickicht. Groß, kräftig, gesund, schlendernd, nichts ahnend, kommt er in unsere Richtung. In Sekundenschnelle schießt alles bisher Gelesene und Gehörte durch die grauen Zellen.- Hilfe!- Aufgeregt pusten wir in die Trillerpfeifen, schwenken die Arme, machen ein Gezeter, welches heimisches Wild im Umkreis vieler Kilometer zu panischer Flucht getrieben hätte. Doch der Bär scheint blind und taub zu sein. Unbeirrt setzt er seinen Weg fort. Wir schielen nach Kletterbäumen. Schon auf dem Sprung- nimmt er uns endlich wahr und …. verschwindet.
Ja, es gibt sie wirklich zahlreich im Gebiet der Lachsflüsse, die Bären, doch wenn man den Rat der ,,Buschmänner“ befolgt, sie wie Gentlemans zu behandeln, was nichts anderes bedeutet als- sich vorstellen, grüßen und von dannen ziehen- dann sind die Begegnungen ein bewegendes, positives Erlebnis.

Nicht weniger spannend, ist der Augenblick, wenn es beim Wasserschöpfen im Bach verdächtig glitzert. Gold! Gold! Mit zitternden Händen, berauscht wie alle, die dieses Funkeln einst sahen, schürfen auch wir im eiskalten Nass. Die Zeit ist vergessen, Hunger, Müdigkeit, die Sehnsucht nach Ausruhen nicht mehr zu spüren. Es wird Abend, die Sonne verschwindet hinterm Horizont und erst als das Funkeln im Kiesbett mit ihr stirbt, lassen wir von unserem emsigen Treiben. Noch mit glänzenden Augen entfachen wir das abendliche Feuer und nutzen das Essgeschirr zu seiner eigentlichen Bestimmung, dem Kochen. Mit in unsere Träume nehmen wir in dieser Nacht ein gelbes Schimmern, mit auf die Tour ein paar goldig glänzende Sandkörner, die sich leicht zwischen den Fingern zerreiben lassen. Aber interessant zu wissen, das man so leicht dem immer noch existierenden Fieber erliegen kann.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert